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Abstract In der vorliegenden Arbeit wurde die Vorstellung des Zufalls bei Durrenmatt im Lichte yon seinern Drama Die Physiker ausgearbeitet. Da es die Aufgabe einer Schlussfolgerung nicht sein kann, aIle Ergebnisse der vorgelegten Interpretationen noch einmal darzustellen, wird irn Folgenden versucht, die wichtigsten Betrachtungen zusammenfassend anzubieten. • Der Zufall kann tief in das Leben eingreifen, weil er den Menschen eine Gefiihlsreaktion verursacht. Eben deshalb muss sich mit dem Zufall beschaftigt werden und kann nicht leicht uber ihn hinweggegangen werden. Der Zufall kann den Menschen zur Verzweiflung treiben, aber er kann i hm a uch g roBes Gluck bringen. In beiden Fallen zwingt der Zufall dern Menschen zum Nachdenken, denn er stellt ihn vor die Frage ”warum?” • Das Suchen nach einer Antwort auf diese Frage war nicht immer eine schwere Aufgabe: Vor der sogenannten Sakularisation des theologischen Geschichtsbildes gab es eigentlich keine unaufgeklarten Ereignisse: AIle Dinge - so auch der Zufall - nahmen Teil an einem groBeren, gottlichen Plan. Der modeme Mensch des Abendlandes aber hat das feste Vertrauen, dass seine Welt immer eine sinnvolle ist, groBtenteils verloren und steht den Ereignissen in seiner Welt manchmal skeptisch gegenuber, insbesondere wenn ein zufalliges - und demnach oft wichtiges Ereignis in sein Leben eingreift. • Obwohl der modeme Mensch des Abendlandes sich aber nicht mehr oder nicht imrner ausschlieBlich an den Priester oder Pfarrer urn Weisheit und Rat wendet, wenn er sich rnit dern Zufall herumschlagen muss, neigt er doch manchmal dazu, irgendwo irgendeinen Halt zu suchen. Niemand mochte eine schwierige Situation ganz aus eigener Kraft meistem mussen. In einer solchen Situation braucht der Mensch sich nicht unbedingt an eine Person zu wenden, wenn er Rat und Weisheit sucht, er kann den Nutzen menschlicher Erfahrung auch in anderen Bereichen finden, die ihrn vielleicht zuganglicher sind. Zu diesen Bereichen gehort auch die Literatur. 5. Schlussbemerkungen • Es konnte gesagt werden, dass die Literatur dem Menschen ganz besonders einen Halt bieten kann, weil sie ihm menschliche Erfahrungen in wohlerwogener und ansprechender Form bietet. AuBerdem wird in einem literarischen Werk einen gesucht. Der Zuschauer oder der Leser geht davon aus, dass der Schriftsteller mit seinem Werk etwas Wichtiges aussagen will und kann, und er mochte sich diese bisschen Weisheit geme als Lebensweisheit aneignen. Es bleibt ihm nur noch die Aufgabe, diesen Weisheitskem aus dem literarischen Werk herauszuschalen. • Das Ziel der vorliegenden Arbeit bestand darin, anhand der Analyse von Diirrenmatts Drama Die Physiker die Anwendungsmoglichkeit semer Zufallsdramaturgie kritisch zu beleuchten. Dabei werden seine theoretischen Erorterungen als eine Orientierungshilfe zur Dramenanalyse angewandt: In dem Drama Die Physiker figuriert der Zufall als der die Handlung auslOsende und sie gleichzeitig abschlieBende Faktor. Als Ausgangspunkt des Dramas setzt Diirrenmatt einen gliicklichen Zufall ein, das ”Wunder” als Forschungsergebnis des Protagonisten Mobius, das jedoch von diesem als ”Pech” ausgelegt wird. • Diese Ausgangssituation, die durch das Eingreifen eines Zufalls produziert wird, bildet die Spielsituation des Dramas, die es fur Mobius rational und wissenschaftlich zu bewaltigen gilt, bis sie schlieBlich durch einen anderen Zufall widerlegt wird. Bis vor dieser Wendung glauben Mobius und die beiden anderen Physiker, sie konnten mit ihrem bewussten Rollenspiel die Realitat iiberlisten und iiberwaltigen. 1m Verlauf des Dramas scheint es so, als ob sie dazu noch Moglichkeiten hatten. Aber vom Ende her gesehen hatten sie in Wirklichkeit nur eine aufgezwungene Rolle auszufuhren. In der Wirklichkeit gibt es fur sie keine Moglichkeit mehr, als freie Individuen zu agieren. Die Zufallssituation der Physiker ist eine sich ausgedachte Spielwelt von Mobius, die seiner individuellen Denklogik entspringt und sich aus diesem Grund in der Konfrontation mit den fremden Faktoren als machtlos erweist. • Der Zufall in den Physikern ist schlieBlich als die dramaturgische Notwendigkeit zu definieren, die thematisch und strukturell aus dem Drama gefolgert wird. Wenn Diirrenmatt auch den Zufall als den vemichtenden Faktor der PlanmaBigkeit Mobius’ verwendet, versucht er gleichzeitig zu verdeutlichen, wie die beiden Faktoren, der Zufall und die PlanmaBigkeit Mobius’, zusammenhangen und wie der Zufall als solcher erst yon dem letzteren verdrangt wird. Dtirrenmatt entwirft als Ausgangspunkt der Handlung eine Zufallssituation, setzt aber zugleich einen Entscheidungsmoment fur den Handelnden. Der Zufall greift als Neutrum ins personliche Schicksal des Mobius ein, lasst ihn frei entscheiden und handeln und bringt ihn schlieBlich urn dasselbe Handeln. Die K atastrophe der Physiker wird zwar durch den objektiven Zufall ermoglicht, die Basis dafur ist jedoch auf der subjektiven Interpretationsebene der Dramenpersonen zu suchen . • Die Dramaturgie mit dem Zufall findet hier ihre vollige Wirkungsmoglichkeit, indem die Zufalligkeit in einem Wechselverhaltnis mit der Notwendigkeit steht. Dtirrenmatt bringt dieses Wechselverhaltnis zwischen den beiden widerspruchlichen Prinzipien, die sich gegenseitig bedingend aktivieren, am Beispiel der Physiker auf extremste Weise zum Ausdruck. Ihr Denken folgt einer Logik, die keinen zufalligen Fehler erlaubt, und ihre zufallsfreie Denklogik nach dem Notwendigkeitsprinzip scheitert an einer zum Wahnsinn gewordenen Machtbesessenheit, die sich yon der PlanmaBigkeit der Physiker nicht verstehen lasst. Eine zufallige Sondersituation wird bis zur Notwendigkeit zugespitzt, und die letztere wird schlieBlich durch die Zufalligkeit als solche widerlegt. Diese dramaturgische Technik, eine auf extreme Weise angestrebte Notwendigkeitsvorstellung, die an sich einem Zufall entspringt, durch einen anderen Zufall widerlegen zu lassen, vervollstandigt die Zufallsdramaturgie Dtirrenmatts |